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Planung und Störfallanlagen

Das Vorhandensein von Störfallanlagen und das Thema der Achtungsabstände betraf nach jahrelangem Verständnis in Deutschland zunächst nur die Bauleitplanung. Umgesetzt worden waren die entsprechenden Regelungen der Seveso-Richtlinie in § 50 BImSchG. Diese Vorschrift regelt den so genannten Trennungsgrundsatz, wonach bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen die Flächen einander so zuzuordnen sind, dass schädliche Umwelteinwirkungen und von schweren Unfällen im Sinne des Störfallrechts hervorgerufene Auswirkungen auf die ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienenden Gebiete sowie auf sonstige schutzbedürftige Gebiete, insbesondere öffentlich genutzte Gebiete, wichtige Verkehrswege, Freizeitgebiete und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle und besonders empfindliche Gebiete und öffentlich genutzte Gebäude, soweit wie möglich vermieden werden.

Im Jahr 2011 hat dann der EuGH im Urteil vom 15.09.2011 im Fall Mücksch (Rs. C-53/10) den deutschen Gesetzesvollzug darüber aufklären müssen, dass das Thema der Achtungsabstände nicht nur die Bauleitplanung betrifft, sondern auch in jedem Genehmigungsverfahren zu beachten ist, das im Zusammenhang mit einer Störfallanlagen steht. Es spielt dabei keine Rolle, ob es um die Genehmigung der Neuerrichtung oder wesentlichen Änderung einer Störfallanlage selbst geht oder um ein heranrückendes schutzbedürftiges Vorhaben. In allen Fällen muss sichergestellt sein, dass der von der Seveso-Richtlinie geforderte angemessene Sicherheitsabstand eingehalten wird.

Seit dieser Rechtsprechung ist das Störfallrecht nun mitunter auch in einfachen Baugenehmigungsverfahren zu thematisieren (soweit der angemessene Achtungsabstand nicht bereits im Bauleitplanverfahren bestimmt wurde). Die meisten Mitarbeiter der kommunalen Baubehörden aber sind mit dem Thema überfordert, da sie bislang damit keine Erfahrungen sammeln konnten.

Für die Betreiber von Störfallanlagen ist es ausserordentlich wichtig, bei Planungen und Bauvorhaben in ihrer Nachbarschaft rechtlich einwandfrei zu reagieren, um das Heranrücken sensibler Nutzungen ggf. zu verhindern. Anderenfalls drohen erhebliche Probleme bei künftigen Genehmigungen für Anlagenänderungen und Neuanlagen. Hier muss wohlüberlegt vorgegangen werden, da die in vielen Fällen bereits vorhandene sensible Nutzung in Nachbarschaft des Standorts nicht unnötig problematisiert werden sollte.

Im Rahmen der Planung ist die systematische Analyse denkbarer Störfälle und deren Ursachen notwendig, um die nach dem Stand der Sicherheitstechnik erforderlichen Schutzmaßnahmen festzulegen. Dazu stehen eingeführte Verfahren wie PAAG/HAZOP oder vergleichbare Verfahren zur Verfügung.

Die Störfallexperten unterstützen nicht nur Anlagenbetreiber und Vorhabenträge, sondern auch Kommunen und Genehmigungsbehörden bei der Anwendung des schwierigen Störfallrechts. Dieses Thema ist deshalb besonders schwierig, weil es die Kenntnis der komplizierten Rechtsprechung zu diesem Thema voraussetzt. Das Bundesverwaltungsgericht hat im Jahr 2012 weitere Einzelheiten dazu entschieden und vor allem entschieden, dass der Behörde bei der Bestimmung des angemessenen Abstandes kein Ermessens- oder Beurteilungsspielraum zusteht, weil es sich um eine gerichtlich vollständig überprüfbare Gesetzesanwendung handelt. Gefordert wird eine „nachvollziehende“ Abwägung der Störfallbelange mit den nicht störfallspezifischen Belangen, insbesondere solchen sozialer, ökologischer und wirtschaftlicher Art („sozioökonomische Faktoren“).

Im jüngsten Entwurf der neuen Störfallverordnung aus April 2016 werden zum Problem der Achtungsabstände zwar viele neue Verfahrensregelungen eingeführt. Es wird dagegen nicht geregelt, wie der angemessene Abstand konkret zu berechnen ist und unter welchen Voraussetzungen von den sich so ergebenden Mindestabständen abgewichen werden darf. Dieses Thema soll später in einer TA Abstand geregelt werden. Zumindest für die Zwischenzeit bis zur Verabschiedung der TA Abstand, zu der es bislang noch keinen Entwurf gibt, erzeugt dieser Rechtsbereich erhebliche Rechtsunsicherheiten. Die Praxis greift hier häufig auf den Leitfaden der Kommission für Anlagensicherheit (KAS-18) zurück, der allerdings keine materielle Rechtsqualität besitzt. Er wirkt wie ein antizipiertes Sachverständigengutachten, kann also im konkreten Einzelfall widerlegt werden.

Die Störfallexperten, die teilweise persönlich an der Ausarbeitung des KAS-18 beteiligt waren, können Sie bei der Bewältigung der hier angesprochenen Probleme wirksam unterstützen. Gegebenenfalls können auch geeignete Gutachter zur Ermittlung der erforderlichen Achtungsabstände vermittelt werden.

Das für eine systematische Planung investierte Budget erspart langfristig ein vielfaches an Aufwand bei Errichtung, Inbetriebnahme und Betrieb.

Kosten eines Störfalls

Die durchschnittlichen Kosten für einen größeren Störfall (Sachschäden, Betriebsunterbrechung und –Verlagerung, Notfallmaßnahmen) liegen nach einer aktuellen Untersuchung aus Großbritannien bei rund € 15 Mio, die Bandbreite ist allerdings sehr groß.

Zu berücksichtigen ist auch, dass nach den Erfahrungen der Versicherer viele Unternehmen 5 Jahre nach einem schweren Störfall nicht mehr existieren.

Ursachen hierfür sind der Verlust von Kunden durch die Betriebsunterbrechung und zunehmend der Imageschaden.

Wir unterstützen Sie

Aufgrund der bestehenden Rechtsunsicherheit bei der Bestimmmung der Achtungsabstände, welche vorraussichtlich auch im Zuge der neuen Störfallverordnung 2017 nicht behoben werden wird, unterstützen wir:

  • Kommunen und Vorhabenträger im Rahmen der Bauleitplanung
  • Die Betreiber von Störfallanlagen
  • Sonstige Vorhabenträger bei der Realisierung von Vorhaben in der Nähe von Störfallanlagen
  • Systematische Sicherheitsbetrachtungen (PAAG/HAZOP)

Die Aufgabenbereiche

Im Rahmen der Bauleitplanung (Flächennutzungspläne, Bebauungspläne) ist der oben beschriebene Trennungsgrundsatz des § 50 BImSchG zu beachten. Die Störfallexperten beraten nicht nur Vorhabenträger im Rahmen eines Vorhabenbezogenen Bebauungsplans, sondern auch die kommunalen Planungsbehörden bei der Aufstellung der vorgenannten Bauleitpläne. Denn bereits auf dieser Ebene ist dafür zu sorgen, dass zwischen der Störfallanlage und den schutzwürdigen Nutzungen ein angemessener Sicherheitsabstand gewahrt bleibt. Da der Gesetzgeber diesen Sicherheitsabstand nicht genau bestimmt, bedarf es einer gutachterlichen Abschätzung der Lage am Maßstab des Leitfadens KAS-18. Die Störfallexperten unterstützen hier auch bei der Suche nach geeigneten Gutachtern und der im Einzelfall möglichen Begründung zur Unterschreitung der Sicherheitsabstände, wie sie nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung bei bestimmten sozio-ökonomischen Faktoren sowie aufgrund vorhabenseitiger Schutzeinrichtungen zugelassen ist. Das reduziert für die Kommunen das Risiko, dass Bebauungspläne im Wege der Normenkontrolle aufgehoben werden.

Die meisten Störfallanlagen in Deutschland kennen in ihrer näheren Umgebung schutzbedürftige Nutzungen wie insbesondere Wohngebäude, auf die im Rahmen des jeweiligen Genehmigungsverfahrens Rücksicht zu nehmen ist. Neu heranrückende schutzbedürftige Nutzung kann diese genehmigungsrechtliche Problematik verschärfen. Der rechtlich mögliche Widerspruch hiergegen kann nicht nur zu Konflikten mit insbesondere der Kommune führen, sondern auch die vergleichbar nahe am Werkzaun lebenden Nachbarn verunsichern. Die Störfallexperten unterstützen Sie bei einer umfassenden Analyse Ihrer Situation. Sie haben große Erfahrung bei der Durchführung und Begleitung immissionschutzrechtlicher Genehmigungsverfahren sowie bei der Abwicklung der Behördenkontakte, die zu diesem Thema möglich sind. Nicht selten versuchen Behörden, dem Problem durch beschränkende nachträgliche Anordnungen zu begegnen und schießen dabei mitunter über das Ziel hinaus. Die Störfallexperten begleiten Sie auch bei den dann erforderlichen verwaltungsgerichtlichen Verfahren.

Nachdem das Thema der angemessenen Sicherheitsabstände nach der neuesten Rechtsprechung auch in jedem Genehmigungsverfahren zu berücksichtigen ist, das mit einer Störfallanlage in Kontakt gerät, hat das Störfallthema plötzlich auch Einzug in Baugenehmigungsverfahren und andere Genehmigungsverfahren gehalten, bei denen es nach bisherigen Auffassung keine Rolle gespielt hat. Plötzlich sieht sich der Vorhabenträger, welcher gerne ein Wohnhaus, Hotel oder Bürohaus errichten will mit dem Störfallthema konfrontiert, weil sich in wenigen 100 Metern Abstand zu seinem Grundstück eine Störfallanlage befindet. Auch der Sachbearbeiter einer Genehmigungsbehörde muss sich im Genehmigungsverfahren mit diesem Thema auseinandersetzen. Die Störfallexperten beraten Vorhabenträger und Mitarbeiter der Genehmigungsbehörden in den sich stellenden schwierigen Rechtsfragen und beschaffen auf Wunsch auch den Kontakt zu geeigneten Gutachtern.

Die Störfallverordnung fordert, insbesondere als Basis für die Erstellung von Sicherheitsberichten, die systematische Ermittlung der Gefahren von Störfällen. Dazu werden bekannte Verfahren wie beispielsweise PAAG/HAZOP eingesetzt. Solche Studien sind zwar sehr wirkungsvoll aber eben auch zeitaufwändig. Ein erfahrener Moderator kann sie zielgenau und zeiteffizient durch diese Untersuchungen führen und so den nötigen Aufwand deutlich reduzieren. Die Störfallexperten unterstützen sie dabei mit ihrer Erfahrung.

Vorgehensweise

Nach unserem ersten telefonischen Gespräch wird Sie, wenn gewünscht, ein Störfallexperte aufsuchen und eine erste Analyse Ihrer Situation durchführen. Hierbei wird auch festgestellt, welche Experten aus unserem Team oder unserem Netzwerk eingesetzt werden sollten. Diese verfügen über langjährige Erfahrung hinsichtlich der mit Sicherheitsabständen verbundenen Fragen.

Beratungsaufwand und Kosten

Gemeinsam mit Ihnen werden wir klären, wo Ihr Bedarf liegt. Die Bandbreite reicht von einer Situationsanalyse mit Lösungsoptionen, der Beratung hinsichtlich der Ermittlung angemessener Abstände und des Umgangs mit den übrigen Beteiligten bis hin zur Vertretung vor dem Verwaltungsgericht.

Die Kosten hierfür können wir vorab schätzen und dann stundengenau nach einer abzuschließenden Vergütungsvereinbarung abrechnen. Alternativ kann auch ein Pauschalpreis vereinbart werden.

Unsere Dienstleistungen




Wie können wir helfen?

Unser Team steht Ihnen innerhalb von 24 Stunden zur Verfügung.

Wir danken Herrn Kappelmaier hiermit nochmals für die bisher sehr kooperative Zusammenarbeit.

Dipl.-Ing. Christoph Grüttner
Babcock Borsig Steinmüller GmbH

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